26. Jan. 2016
Bonn - Das Wasser der Ozeane dehnt sich in Folge des Klimawandels und der
zunehmenden Erwärmung viel schneller aus, als bisher vermutet. Ein Forscherteam
unter Federführung der Universität Bonn
http://uni-bonn.de hat nun
anhand von Satellitendaten berechnet, dass dieser Effekt in den vergangenen
zwölf Jahren fast doppelt so stark war, wie bislang angenommen. Damit könnte das
Risiko für Sturmfluten stark steigen.
Wärmebedingte Ausdehnung
Das Wasser reagiert ähnlich einem Quecksilber-Thermometer: Wenn die Temperatur
zunimmt, dehnt sich die Flüssigkeit aus und steigt in dem Röhrchen empor. Da die
Weltmeere ebenfalls zwischen den Kontinenten eingezwängt sind, steigt auch ihr
Spiegel an, wenn sie sich durch den Klimawandel aufheizen. "In den besonders
tiefen Ozeanregionen reicht bereits eine kleine Erwärmung aus, um einen
deutlichen Meeresspiegelanstieg hervorzurufen", sagt Roelof Rietbroek vom
Institut für Geodäsie und Geoinformation der Universität Bonn.
"Bislang wurde unterschätzt, wie stark die wärmebedingte Ausdehnung der
Wassermassen in den Ozeanen zum globalen Meeresspiegelanstieg beiträgt", ergänzt
Jürgen Kusche, Professor für Astronomische, Physikalische und Mathematische
Geodäsie an der Bonner Universität. Zusammen mit Experten berechneten die
Geodäten aus den Erdschwerefelddaten der GRACE-Satelliten und den
Meereshöhenmessungen des Altimeters von Jason-1 und Jason-2, wie stark der
Meeresspiegelanstieg durch sowohl die erwärmungsbedingte Ausdehnung des Wassers
als auch die Massenzunahme in den Ozean in den Jahren von 2002 bis 2014 war.
Philippinen bleiben ein Hotspot
Bislang herrschte weitgehend Einigkeit darüber, dass der Meeresspiegel durch
diesen "Thermometereffekt" jährlich im Schnitt um 0,7 bis einen Millimeter
anstieg. Nach den neuen Berechnungen betrug der Meerespiegelanteil durch
Ausdehnung aber etwa 1,4 Millimeter pro Jahr - also fast doppelt so viel wie
zuvor angenommen. "Dieser Höhenunterschied entspricht in etwa dem Doppelten des
abschmelzenden grönländischen Eisschildes", erklärt Rietbroek. Außerdem variiert
der Meeresspiegelzuwachs durch die Volumenausdehnung in den verschiedenen
Ozeanregionen und durch andere Effekte sehr stark, so der Fachmann.
Die Philippinen halten mit 15 Millimeter jährlich den Rekord, während an der
US-Westküste Stillstand herrscht - weil es dort zu kaum einer
Meerwassererwärmung kommt. Vom Meeresspiegelanstieg bedroht sind Siedlungen in
Küstennähe, wo die regionalen Änderungen eine größere Rolle spielen können als
der globale Anstieg. "Wegen ein paar Millimeter mehr wird kein Land seine Deiche
höher bauen", unterstreicht Rietbroek und fügt hinzu: "Allerdings summieren sich
diese kleinen Beträge in Jahrzehnten zu etlichen Zentimetern. Die
Wahrscheinlichkeit einer zerstörerischen Sturmflut könnte damit drastisch
zunehmen."
Pressetext.Redaktion